Das Projekt ist angelegt als internationaler Vergleich und entsprechend als Kooperation mit Partnern mehrerer damalig realsozialistischer Länder entstanden, insbesondere Polens, Ungarns sowie der ehemaligen Tschechoslowakei. Vor allem zu den Szenen dieser Länder gab es auch Verbindungen seitens der DDR-Subkultur, die aufgrund staatlicher Restriktionen ein vergleichsweise schwaches Publikationsaufkommen aufwies, mit einem späten Aufblühen in künstlerischen Magazinen wie Liane oder dem Leipziger Fanzine Messitsch.
„Samisdat und Subkultur“ fußt auf diversen Vorläuferprojekten von Zonic und naTo zur Geschichte von Subkulturen im Realsozialismus und greift auf ein etabliertes Netzwerk zurück, das sowohl Archive als auch private Sammlungen einbezieht und die akademische Aufarbeitung mit zeitgenössischen popkulturellen Präsentationsformen verbindet.
Das Projekt umfasst eine Ausstellung, Konzerte (u.a. mit Rosa Beton & Re-Aktion), Gespräche und Filmvorführungen.
Termine:
20.11.25
Vernissage
Salon Similde
Simildenstr. 9
20 Uhr
Die als Leseraum inszenierte Ausstellung zum Projekt „Samisdat und Subkultur“ wird zugleich Rahmung für eine Vielzahl von Präsentationen sein, bei denen zwar die Frage nach staatlicher Repression und des Kampfes um den illegalen Freiraum für Publikationen ohne Zensur eine zentrale Rolle spielt, die spezifischen ästhetischen Momente aber nicht in den Hintergrund gesetzt werden.
25.11.25
Gegenkino in Gegen-Publikationen
Claus Löser (Archiv Ex oriente lux) und Thomas Werner (Koma-Kino) im Gespräch
CINÉMATHÈQUE
Karl-Liebknecht-Str. 109
Mit Gegen-Kino in Gegen-Publikation macht das Projekt einen Ausflug in die filmische Alternativ-Szene in der DDR. Super8-Filmer Thomas Werner, Herausgeber des Koma-Kino, spricht mit Claus Löser, selbst in Karl-Marx-Stadt Teil dieser Szene und ihr wichtigster Archivar, aber auch Musiker (Die Gehirne) und Herausgeber des Hefts A3.
Beide sprechen über das Koma-Kino und vergleichen sie mit osteuropäischen Entsprechungen wie dem Leningrader Nekroealizm. Ergänzt wird das Gespräch durch Kurzfilme und Ausschnitte.
FR 28.11. – SA 29.11.
Fanzine-Meeting
Salon Similde
Simildenstr.9
FR 28.11.
20 Uhr
Messitsch 4 U
Messitsch war das erste wirkliche Fanzine der DDR und entstand Ende der 1980er aus der vibrierenden Subkultur Leipzigs. Konkret einem Personenkreis an Musikmachenden wie -liebenden, die nun in Selbstermächtigung jene für Fanzine typische Mixtur aus thematischer Darstellung und Selbstdarstellung auslebten. Davon berichten u.a. die Mitbegründer Andre „Hodscha“ Friedrich und Raban Ruddigkeit. Wobei der Blick auch ein wenig in die späteren Messitsch-Inkarnationen gehen wird, vom Fanzine, das in den Spät-Monaten der DDR an den Kiosk geht, bis zur Fusion zur NMI/Messsitsch, dem einzigartigen und bald scheiternden Versuch eines Pop-Magazins ostdeutscher Prägung.
SA 29.11.
16 Uhr – 22 Uhr
Fanzine-Meeting
In einer offenen Mixtur aus Präsentationen und Talks treffen sich internationale Gäste aus dem östlichen Fanzine-Kosmos. Diskutiert werden Themen wie Feminismus & Fanzines damals wie heute, Alternativ-Publikationen und Repression, Archivierung und Austausch oder das Verhältnis von künstlerisch-originalgrafischen Magazinen zu popkulturell orientierteren Fanzines. Im Anschluss gibt es DJ-Sets der Beteiligten.
Programm:
15:00 Uhr doors open
15.15 – 15:45
Liane – Noch Kunst-Samisdat oder schon Pop-Magazin?
Heinz Havemeister (Berlin, D), Kunsthistoriker, Autor, Herausgeber (u.a. „Wir wollen immer artig sein …“), in den 1980ern Mitherausgeber der Zeitschrift Liane, Musiker bei Heinz & Franz, Bolschewistische Kurkapelle Schwarz-Rot u.a.
Susanne Schleyer (Berlin, D), Fotografin, in den 1980ern Mitherausgeberin der Zeitschrift Liane
D
15:45 – 16:30
Liane im Kontext der künstlerisch-literarischen Zeitschriften der 1980er.
Mit Dr. Klaus Michael (Akademie der Künste Sachsen, Dresden), Mitherausgeber der Liane und Experte für künstlerisch-literarischen DDR-Samizdat
D
16:45 – 17:15
Fanzines in Poland. An introductory overview
Mateusz Flont (Kraków, PL/ „Zinologe“, Mitarbeiter des Archivs Zine Library Polska, Technische Universität Koszalin)
ENG
17:15 – 17:45
„SZMATA“ and other rags.
Jennifer Ramme (Graz/Berlin, D), forscht an der Universität Graz zum Projekt „Rebellious Youth Movements, Alternative Music Cultures and Intersectional Critique in (Post)State Socialist Poland (1977–1995)“, Betreiberin des Labels Emancypunx Records
ENG
18:00 – 18:45
It´s cold around us: Hungarian fanzines inside/outside of Hungary
Tamás Rupaszov (Budapest, HU), Musiker (seit 1982: Trottel), in den 1980ern in Budapest Macher des französisch-sprachigen Fanzines Il fait froid chez nous, Betreiber des Labels Trottel Records und Herausgeber zweier Bücher zu Punk in Ungarn
Szabo Balazs (Nyiregyháza, HU), Herausgeber des Fanzines A buvárok reménykednek
ENG
19:00 – 19:45
Alternative publications in Czechoslovakia between Samizdat, semi-official circulations and fanzines.
Pavla Jonssonova (Plyn, Dybbuk, Zuby Nehty/ American university in Prague), Petr Bergmann (Broumov, CZ), Publizist, Punk-Aktivist, Herausgeber des Black Hand-Fanzines und Gründer des gleichnamigen Kulturzentrums, Betreiber des R.A.T.-Labels
Miroslav Michela (Prag, SK/CZ), Historiker an der Karls-Universität und Mitbetreiber des Archivs der Subkulturen in Prag
ENG
21:00
Zonic Radio Show live: Sounds of Samisdat
Mit allen Beteiligten
D/ENG
Moderiert von Alexander Pehlemann (Zonic, Leipzig)
06.12.25
Warschauer Punk Pakt revisited:
Karcer + Rosa Beton + Už jsme doma play F.P.B. + Re-Aktion
Ort: tba.
2014 wurde das Motto des „Warschauer Punk Pakt“ ausgegeben, legendär zelebriert mit den wiederbelebten L´Attentat und Dezerter aus Polen. 2025 kommen nun ebenfalls Schwergewichte des Ostpunks zusammen!
Karcer, gegründet 1983, gehörten zur Speerspitze des beschleunigten Polenpunks und spielten zudem 1988 auf dem illegalen Alösa-Frühlingsfest in Ostberlin.
Dieses wurde maßgeblich von Herne (RIP) organisiert, welcher zudem die deutsch-polnische Punk-Freundschaft mit dem Fanzine und Tape-Label QQYRQ etablierte und in Kooperation mit jenen das Fanzine Inside schuf, das einzige DDR-Punk-Fanzine.
Re-Aktion aus Potsdam, die in der Endphase der DDR zu den radikalsten und härtesten Punkbands zählten, spielten ebenfalls auf den Alösa-Festen und fanden sich sogar auf der durch QQRYQ Tapes herausgegebenen Kassetten-Compilation aus Live-Mitschnitten wieder.
F.P.B. aus Teplice spielten damals auch ab und an illegal in der DDR, allerdings mit der zweiten Generation dieser 1981 gegründeten und bis 1985 wohl besten Punk-Band der Tschechoslowakei. Die 1985 in Teplice gegründeten und heute in Prag residierenden Už jsme doma um das einzige noch lebende F.P.B.-Original-Mitglied, den Sänger Miroslav Wanek, geben dem druckvollen wie intelligenten F.P.B.-Punk noch eine Prise Prog Post Punk hinzu, nicht zuletzt unter Verwendung einer Trompete.
Wundervoll nervöse Post Punk-Versionen von Punk-Originalen des Jahres 1983 zelebrieren auch Rosa Beton aus Berlin. Diese traten in ihrer Ur-Phase nie live auf, hinterließen aber ein legendäres Demo-Tape, von dem aus sich Sänger Thomas Wagner zu späteren Projekten wie Herr Blum und Tom Terror & Das Beil aufschwang, um 2023 den Bogen wieder zu schließen – mit einer Energie, als wäre keine Zeit vergangen.
Anschließend gibt es einerseits „punky reggae party“ in memoriam Lanny (RIP, u.a. Messer Banzani) und andererseits „Cold War Dances“ mit dem Zonic Zound Zystem.